13.4: Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Nikolaus, Weihnachten, der Geburtstag von Katharina… vieles ist passiert und viele Geschichten gilt es zu erzählen.
Wie jedes Jahr haben wir auch diesmal den Nikolaus und zahlreiche Kinder zu uns nach Hause eingeladen. Lange wurde diskutiert, ob Katharinas Onkel Boris auch heuer den Nikolaus spielen soll. Die Idee wurde verworfen, da sie Boris sicherlich erkannt hätte. Zum Glück bot sich per Email jemand mit dem Vornamen Nikolaus an, als heiliger Nikolaus eine Familie zu besuchen. So kam diesmal der leibhaftige Nikolaus, in rotem Bischofskostüm, mit Stab und Buch. Katharina beobachtete ihn genau und stürzte sich nach der Rede mit den anderen Kindern auf die Geschenke. Erst als der Nikolaus weg war und alle Geschenke ausgepackt waren, packte Katharina ihre Kritik aus: „Der war ja verkleidet“, sagte sie, „ich habe es genau gesehen“. Und weiter: „Der hat ja nicht einmal einen Bart gehabt!“ Katharinas Resümee: „Gelt, Mama, der braucht nächstes Jahr nicht mehr kommen.“ Da waren wir uns einig, dies war der letzte Besuch des Nikolaus. Katharina war inzwischen schon zu alt dafür geworden.
Wir fragten uns, ob Katharina noch an das Christkind glauben würde. Am heiligen Abend ging Katharina mit Opa in den Zoo, dort gab es im Elefantenhaus für Großeltern mit den Enkelkindern ein zeitweiliges Programm. Als sie nach Hause kamen, durfte das Wohnzimmer nicht mehr betreten werden, denn dort war schon das Christkind am Werk. Leise mussten alle sein, damit man das Christkind bei der Arbeit nicht stört. Katharina, Judit und ich legten uns nebenan ins Schlafzimmer und ruhten uns für den langen Abend aus. Durch das Glasfenster der Schlafzimmertüre schimmerte der flackernde Schein einer Kerze. Katharina war ganz angespannt und konnte vor Aufregung nicht schlafen. Immer wieder sagte sie, dass wir leise sein müssen, um das Christkind nicht zu stören. Plötzlich war jedoch aus dem Wohnzimmer der laut aufheulende Motor des Staubsaugers zu hören. Katharina schaute mit großen Augen. Saugte das Christkind grad den Boden auf? Ich und Judit sahen uns an, wir wussten nicht, was wir sagen sollten. Judit meinte schließlich beruhigend, „Das ist nur die Nonna, die dem Christkind hilft“. Katharina nahm dies Gott sei Dank so hin und fragte nicht weiter.
Am nächsten Tag ging Judit mit Katharina im Lainzer Tierpark spazieren. Ganz begeistert erzählte mir Katharina von der lebensgroßen Krippe mit dem Jesuskind, Maria und Joseph. „Weißt du“, sagte sie, „wir können das auch nachspielen. Ich bin das Jesuskind, die Mama spielt die Maria und du den Vater Joseph“. Ich fragte: „Kann der Joseph im Rollstuhl sitzen?“ Katharina überlegte kurz, dann schüttelte sie den Kopf: „Nein, du kannst doch nicht den Joseph spielen“. Die neue Variante lautete: „den Joseph spielt die Sonja“. Natürlich hätte ich noch nachfragen können, ob den Joseph wirklich eine Frau spielen kann. Aber ich ließ es bei dieser Rollenbesetzung bleiben, da dies sicherlich auch der Kirche gut tut.
Im Jänner war der letzte Monat unseres Au-Pair-Mädchens Tatjana. Katharina hatte sich schon an den Luxus eines Au-Pair dermaßen gewöhnt, dass sie sich weigerte, ihr Bett selbst zu machen oder das Gewand vom Boden weg zu räumen. „Das mach ich nicht!“, protestierte sie, „das macht die Tatjana!“. Judit und ich waren anderer Meinung. Es war Zeit, dass Katharina selbstständig wird. Und so beschlossen wir, dass Tatjana unser letztes Au-Pair sein wird. In diesen letzten Wochen vertrugen sich Tatjana und Katharina sehr gut. Tatjana lackierte zu Katharinas Freude ihre Fingernägel rot an. Diese Begeisterung teilten wir als Eltern weniger. Voll stolz ging sie in den Kindergarten, tieftraurig kam sie zurück. Judit musste ihr sofort die Fingernägel ablackieren. Auf die Frage, „Warum?“, kam die Antwort: „Die Buben haben gesagt, ich habe Blut an meinen Fingern“. Die rot lackierten Zehennägel blieben, „die sehen die Buben ja nicht“. Wenige Tage später gab es eine andere Kindergarten-Geschichte: Haarläuse waren im Kindergarten aufgetaucht. Noch dazu bei Katharinas namensgleicher Freundin Katharina G.. Allen Kindern wurden von den Eltern gründlich die Haare mit einem Spezial-Shampoo gewaschen. Judit und mir juckte derart der Kopf, dass wir diese Spezial-Haarwäsche gleich mitmachten.
Katharina erzählte Nonna, dass sie den Jakob aus dem Kindergarten heiraten möchte. Nonna war von dieser selbstbewussten Aussage überrascht. Und fragte nach: „Was ist, wenn er nicht will?“. Katharina überlegte nicht lange, hatte gleich einen Ausweg parat: „Dann heirate ich Johanna, die muss sich die Haare abschneiden“.
Eines Tages saßen Katharina, ich und meine Assistentin Nina beim Abendessen. Nina gab mir löffelweise die pürierte Wurstsemmel. Meine Schluckbeschwerden haben sich zwar wesentlich verbessert und ich bin nur mehr teilweise von künstlicher Nahrung abhängig, trotzdem muss alles Essen püriert werden. Katharina saß am Tisch, aß ihr Joghurt und blätterte in ihrer Bussibär-Zeitung. Plötzlich stand Nina auf, sie „muss mal für kleine Mädchen“. Katharina lachte. So saß ich vor meiner mit Brei gefüllten Schüssel und sah Katharina beim Essen zu. Da stand auch Katharina auf, ging zu mir und meint, „Papa, jetzt gebe ich dir einen Löffel“. Ich musste lächeln. Katharina führte den Löffel in den Brei und danach vollgefüllt in Richtung meines Mundes. „Nicht lachen! Papa“, sagte Katharina. Ich riss mich zusammen, denn wenn Katharina auch zu lachen begonnen hätte, wäre der Löffel wohl gekippt. So aber schnappte ich den Löffel schnell mit meinem Mund und war richtig stolz auf meine 4-jährige Tochter. Nina kam zurück und Katharina reichte ihr den Löffel mit den Worten: „Da, Nina, jetzt gibst du dem Papa wieder zu essen“. Sie ging zurück zu ihrem Joghurt. Nach einer Weile sagte sie: „Papa, wenn ich groß bin, werde ich auch eine Assistentin!“.
Meine Eltern sind jetzt öfters zu Besuch. Sie kommen zirka einmal pro Monat für ein Wochenende. Da der Geburtstag von Katharina Mitte Februar ansteht, unternehmen sie mit ihr bereits zwei Wochen vorher eine kleine Einkaufstour. Das Geburtstagskind darf sich etwas wünschen und führt ihre Großeltern geradewegs in ein Spielzeuggeschäft. „Mylittle Pony“ muss es zum Entsetzen der Großeltern sein: Ein rosarotes Pony mit großen Babyaugen auf vier Rädern, das ständig brabbelnde Babylaute von sich gibt. Opa Franz versucht noch zu retten was zu retten ist: „Die Stoff-Robbe ist doch viel netter und kuschelig weich“, versucht er zu überzeugen. Katharina protestiert schreiend und weinend. Trotzdem wird die liebe Babyrobbe gekauft. Als die Proteste weitergehen, macht Opa Franz einen Vorschlag: „Wir gehen hinaus aus dem Geschäft und reden dort noch einmal darüber“. Katharina geht auf diesen Vorschlag ein, doch kaum vor der Türe, beharrt sie lauthals auf ihrem Geburtstagswunsch. Als die drei nach dem Einkaufsbummel nach Hause zurückkommen, präsentiert Katharina aufgeregt ihr Geburtstagsgeschenk: Mylittle Pony. Während wir Kaffee trinken, rollt am Boden das rosa Pony laut quiekend hin und her, Katharina versucht es, mit einer Rassel anzulocken. Doch das funktioniert nur in der Beschreibung. Was nicht in der beigelegten Beschreibung steht, aber dringend aufgenommen werden müsste, ist der Warnhinweis des Abtötens von Nerven.
Katharina ist ganz zappelig, denn für zwei Uhr ist ihre große Geburtstagsparty angesagt. Mama hat eingekauft, das Zimmer faschingsmäßig geschmückt und ein Kasperltheater aufgebaut. Endlich läutet es an der Wohnungstüre, die erste Katharina war gekommen. Bald darauf folgte eine weitere Katharina und dann noch eine Katharina und schließlich Katharina Nummer 4. Sie alle gehen in Katharinas Kindergarten. Um zu wissen, wer jeweils gemeint ist, sprachen sich alle mit Vor- und Zunamen an. Das Kasperltheater von Judit und ihrem Bruder Boris ist ein voller Erfolg. Die zehn Geburtstagsgäste lauschen der einstündigen Inszenierung fasziniert und zucken ängstlich zusammen, als im verdunkelten Raum der Taschenlampen-Geist auftritt. Nur Katharina schreit: Das ist ja nur eine Taschenlampe und ein Tuch!“. Während der Aufführung esse ich eine neue Köstlichkeit: Faschingskrapfen – natürlich püriert. Auch in der Kirche gibt es ein Geburtstagsfest für alle Kinder der Caritas-Gemeinde, die im Februar Geburtstag haben. Pfarrer Thomas Kopeyni überrascht Katharina mit einer weißen Handtasche, die einen Pudel darstellt. „Die hab ich mir immer schon gewünscht“, jubelt Katharina. Am nächsten Tag geht Katharina mit der Tasche wieder einmal stolz in den Kindergarten, worauf sich alle Kinder Pudeltaschen wünschen.
Zum Geburtstag hat Katharina auch ein Kinder-Activity bekommen. In dem Spiel geht es darum, den Begriff einer Karte dem Gegenspieler zu erklären, ohne direkt das Wort zu nennen. Auf der Karte befindet sich jeweils eine charakteristische Zeichnung und darunter der geschriebene Begriff in Großbuchstaben. Katharina kann jetzt mit 5 Jahren schon alle Buchstaben, wenn sie großgeschrieben sind. Beim Spiel erklärt sie aber nicht mit Umschreibungen den Begriff, sondern liest nach der Reihe die Buchstaben des Begriffes von der Karte vor. Ich muss schmunzeln:“ Das geht nicht! Das ist Schummeln!“ Katharina versteht das nicht und beginnt zu weinen. Mein Einspruch tut mir sofort leid. So stolz ist Katharina darauf gewesen die Buchstaben schon lesen zu können. Wir vereinbaren eine Ausnahme-Regelung: Nur Katharina darf den Begriff buchstabieren. Buchstaben faszinieren meine Tochter. Sie kann schon KATHARINA schreiben oder PAPA, MAMA, ANNA oder ENI. Eni, ist der Mann einer Assistentin von mir. Er ist groß, stark und hilft mir immer in den vierten Stock zu meiner Zahnärztin zu gelangen. Als Katharina ENI schreibt, muss sie plötzlich herzhaft lachen:“ So ein großer Mann und nur drei Buchstaben!“