Das Leben annehmen und gestalten

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Äthiopien, ich komme!

Ich engagiere mich seit mehreren Jahren für Menschen mit Behinderung in Ländern des Globalen Südens, denn das Jammern in Österreich findet – meiner Meinung nach – auf einem sehr hohen Niveau statt. 2008 sprach mich der damalige Geschäftsführer von Licht für die Welt, Rupert Roniger an, ob ich nicht einmal eine Reise nach Äthiopien machen möchte, um die dortige Situation von behinderten Menschen zu erleben. Ich schüttelte verzagt den Kopf: „Das kann ich mir nicht vorstellen. Mein Leben ist mir wichtiger. Allein bei einem Stromausfall würde ich, weil ohne Beatmung, ersticken…“. Äthiopien war für mich damals ein NO GO. 2013 wurde ich ÖVP-Sprecher für Internationale Entwicklung und am Programm des Parlaments stand justament eine Studienreise der EZA-SprecherInnen nach Äthiopien. Sollte ich da mitfahren? Sollte ich es wagen? Ich besprach mich mit Judit und mit meinen Assistentinnen. Sie waren unsicher. Da sagte ich mir: Probier es einfach!

Aber als ich mich zur Reise entschlossen hatte, reagierten alle mit Kopfschütteln: Die Ärztin im Otto-Wagner-Spital hatte Bedenken wegen der Meereshöhe von Addis Abeba, vielleicht sei die Luft zu dünn und ich bekäme zu wenig Sauerstoff. Die österreichische Botschaft riet mir von einer Reise dringend ab, zu hohes Risiko. Da erwachte in mir – der vielleicht etwas naive – Trotzgeist: Geht schon! Jetzt erst recht! Die Assistentinnen machen das schon!

Ich traf jedoch Vorsichtsmaßnahmen. Denn mein größtes Schreckgespenst war Durchfall, der mich schwächt und durch den ich gezwungen gewesen wäre im Hotel zu bleiben. Ich sorgte vor, durchkämmte die Supermärkte nach Essen, das ohne Kühlung lange hält. Damit befüllte ich einen ganzen Koffer. Und ich nahm drei Assistentinnen mit. Die würden schon überleben und wahrscheinlich auch ich! 🙂

Beim Aussteigen aus dem Flugzeug in Addis Abeba blieb mir gleich mal die Luft weg und ich musste mit dem mechanischen Ambubeutel beatmet werden. Die Luft auf über 2.000m war doch etwas dünn und nicht nur mir war es schwindelig. Da war ich doch froh, als im Hotel bereits ein Arzt auf mich wartete, der als Back-up für mich organisiert war. Ich bekam zur Sicherheit eine Sauerstoffmaschine und konnte wieder frei durchatmen und klar denken. Den ersten Tag blieb ich im Hotel, dann hatte sich mein Körper etwas an die neuen Sauerstoffverhältnisse gewöhnt und ich war mit dabei, bei den vielen Projektbesichtigungen und Meetings. Meine Erfahrungen habe ich in einem Video dokumentiert, das nachfolgend zu sehen ist.

Höhepunkt war mein Besuch in der German Church School, wo ich vor behinderten SchülerInnen aus Äthiopien eine kurze Rede halten durfte. Sie sahen mich, mit meinem Rollstuhl und dem Beatmungsgerät, mit großen Augen an. Ich erzählte ihnen von meinem Leben und meiner Einstellung, dass vieles, was vorerst unmöglich erscheint, dann doch möglich ist! Man möge das Leben, wie es ist und kommt, annehmen und gestalten!