Verlust zu einem Gewinn machen

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In die Seele blicken

Es war einer der schwersten Momente in meinem Leben, als mir mein Augenarzt vor mehr als 10 Jahren verkündete, dass mein Sehnerv dauerhaft geschädigt ist und wohl nicht mehr heilbar ist. Für immer im Nebel leben, das waren im wahrsten Sinne des Wortes trübe Aussichten. Ich konnte nicht mehr lesen, lebte in einer trüben Nebelsuppe und vermisste vor allem, den Menschen in die Augen blicken zu können. Denn wie heißt es so schön: Die Augen sind das Fenster zur Seele.

Das fehlte mir und es tat weh, das nie mehr zu können.

Ich habe den Menschen früher immer gern direkt in die Augen gesehen, plötzlich fehlte mir dieser Anhaltspunkt. Ich blickte irgendwo hin, fixierte beispielsweise statt der Person gleich daneben das Bild an der Wand. Das irritierte meine Gesprächspartner. Und weil ich immer öfter jemand darauf ansprach, lernte ich dort hinzuschauen, wo ich ihre Augen vermutete.

Vor kurzem hatte ich ein schönes Erlebnis. Ich war bei einer Podiumsdiskussion im Kardinal-König-Haus über die wichtigen Dinge des Lebens. In meinem Statement erzählte ich aus meinem Leben, über den Mut, die täglichen Herausforderungen anzunehmen und das Glück, das ich daraus gewinne. In der Mittagspause setzte sich eine Frau zu uns an den Tisch und meinte: „Wir müssen miteinander reden, wir hatten so intensiven Augenkontakt während der Podiumsdiskussion“. Sie war etwas enttäuscht als ich ihr gestand, dass ich aufgrund meiner Fehlsichtigkeit im Publikum niemanden sehen konnte. Aber sie meinte: „Ihre Augen sprühen vor Leben. Sie haben mir in die Seele geblickt“.

 

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