Shule!

(Schule)

 

Seit vier Wochen arbeite ich bereits in der „Shule ya Msingi Themi“. Alle Kollegen und Kolleginnen sind bemüht mich in den Schulalltag zu integrieren. Was sich besonders durch die täglich auszutauschenden Begrüßungsformeln bemerkbar macht. Es gilt als sehr unhöflich ohne ein paar freundliche Worte der Begrüßung auf den Lippen an jemanden vorbeizugehen. Obgleich ich merke, dass sie besonders an den Fortschritten meiner Sprachkenntnisse interessiert sind.

Ich nehme wöchentlich an den LehrerInnen-Versammlungen teil; wobei eine der LehrerInnen meiner Klasse immer neben mir sitzt und übersetzt, was ich nicht verstehe. Meine Ideen im Unterricht werden positiv aufgenommen und es findet ein motivierender und unterstützender Austausch in unserer Klasse statt. Leider fehlt es in der Schule an sehr Vielem. Es gibt genau zwei funktionierende Braille-Tafeln zum schreiben der Brailleschrift. Drei Braille-Schreibmaschinen. Drei Stecktafeln mit Braille-Schriftwürfel und einen Blindenfußball mit klingenden Glöckchen im Innern. Es gibt kein einziges Buch, keine weiteren Spiele oder Hörkassetten bzw. Musikinstrumente. –  Meine Kreativität wird mit jedem Tag aufs neue gefordert.

 

Das größte Problem ist natürlich weiterhin die Sprachbarriere. Bisher trete ich immer an die Hauptverantwortliche heran, wenn ich etwas Neues ausprobieren bzw. initiieren möchte. Sie und die anderen Lehrerinnen unterstützen mich bei der Übersetzung der nötigen Vokabeln. Beim ersten Versuch helfen mir die Lehrerinnen bei der Erklärung meines Vorhabens. Haben die Kinder erst einmal verstanden, reichen meistens ein paar auffordernde und motivierende Worte auf Kisuaheli um den Unterricht oder das Spiel aufrecht zu erhalten. Beim zweiten und dritten Versuch muss ich nur ein, zwei Schlagworte nennen und die Kinder erinnern sich und wissen was ich mit ihnen üben möchte. Mittlerweile haben wir eine Art Schulalltag etabliert mit sich wiederholenden Übungen und Spielen. Wobei ich versuche jede Woche zumindest einmal etwas Neues zu initiieren und an jedem Tag ein gemeinsames Spiel durchzuführen. Oft ist das nicht ganz einfach. Zum Beispiel habe ich den Direktor bereits vor zwei Wochen um die Reparatur der Steckdose im Klassenzimmer gebeten. Er versicherte mir die Angelegenheit sofort in Angriff zu nehmen; leider warten wir immer noch. Das hält uns aber nicht davon ab gemeinsam Musik zu machen. In der letzten Woche hörte ich unseren blinden Volontär aus Tansania, der täglich für zwei Stunden im Unterricht aushilft, das Suaheli-Alphabet singen. In null Komma nichts spannten wir alle Kinder dazu ein. Wir sangen gemeinsam und trommelten auf den Tischen. Das Klassenzimmer war voller Leben!

Trotz der Erschwernisse funktioniert der Unterricht erstaunlich gut. Die Kinder und Lehrerinnen bringen mir Vertrauen gegenüber und die meiste Zeit lachen wir viel. Mit den Tagen und Wochen sind wir ein gut eingespieltes Team geworden.

 

Die meiste Zeit in der Schule verbringe ich weiterhin mit Mara. Sie macht jede Woche Fortschritte, erledigt ihre Aufgaben mittlerweile in Windeseile und ist mit viel mehr Freude dabei. Sie kommt bereits mit einem Lachen am Morgen ins Klassenzimmer. Keiner glaubt mehr an eine Lernschwierigkeit. 

Vor zwei Wochen habe ich begonnen ein Sportprogramm in den Schulalltag zu integrieren. Beim Spielen und Spazieren zur Verbesserung ihrer Orientierung und Mobilität ist mir aufgefallen, dass alle Kinder nur wenig Beinmuskulatur und einen geringen Gleichgewichtssinn haben. Deshalb habe ich mir ein paar Sportübungen ausgedacht, die ihnen mehr Selbstbewusstsein im Umgang mit ihrem Körper und ihrer Umgebung geben sollen. Jeden Morgen verbringen wir 20 bis 30 Minuten zusammen auf dem Sportplatz. Besonders gefreut hat mich, dass seit dem zweiten Versuch auch die Lehrerinnen meiner Klasse daran aktiv teilnehmen.

 

Zuhause gab es in den letzten Wochen auch ein paar Veränderungen. Der Gastvater und Ehemann von meiner Gastmutter, saß eines Abends wieder im Wohnzimmer. Seither kommt er fast jeden Tag nach der Arbeit zu uns, spielt mit den Kindern, wäscht Wäsche und bleibt immer öfter über Nacht. Anfangs war es eine sehr ungewöhnliche Situation für mich, aber allmählich nähern auch wir uns wieder an. Der zweite Volontär, der bisher mit mir in der Gastfamilie gelebt hat, verlässt Tansania kommende Woche. So dass ich nun der einzige Gast im Haus sein werde.

 

FOTO: Klassenfoto (an dem Tag waren leider nicht alle anwesend).