Vorgestern Abend switchte ich auf einen privaten Sender und zwischen einem Spielfilm kam folgender Social-Spot: Ein Rollstuhl-Fahrer von hinten rollt mühsam eine Straße entlang. Dann bleibt er stehen, dreht sich zur Seite und steigt aus dem Rollstuhl heraus. Er geht quickfidel zu Fuß seinen Weg weiter, der Rollstuhl bleibt stehen. Zur Erklärung kam ungefähr folgender Text: Jährlich leiden 130.000 Menschen nach einem Unfall an einer Querschnittlähmung. Helfen Sie mit, die Forschung zur Heilung zu ermöglichen.
Mich hat dieser Spot aufgeregt. Es ist doch typisch, dass heute alles heilbar und machbar erscheint. Natürlich wird man sich freuen, wenn die Medizin bei Lähmungen wirklich heilen kann. Aber es wird immer mehr der Eindruck vermittelt, dass das Leben ohne Risiko ist, alles ist heilbar, alles ist wiederherstellbar, Behinderungen müssen nicht mehr sein, wir können sie aus der Welt schaffen. Das ist auch der Geburt von behinderten Kindern so: Die Geburt wird immer als Schadensfall dargestellt, hohe Schadenersatzsummen werden zugesprochen, auch wenn die Behinderung schicksalhaft bedingt ist. Eltern, die bewußt ein behindertes Kind zur Welt bringen, werden als Sozialschmarotzer dargestellt, Motto: „Das wäre ja
vermeidbar gewesen!“. Im Standard vom Wochenende gab es einen interessanten
Artikel von Univ.Prof. Dr. Hildegunde Piza: „Lebensglück vom Doktor: Medizin im
Grenzbereich“.
Sehr lesenswert! Hier der Link:
In der gleichen Printausgabe gab es als Kontrast noch ein Interview mit Univ.Prof.
Dr. Peter Husslein. Seine Vision: Junge Mädchen lassen sich ihre Eizellen
einfrieren. Junge Burschen ihre Spermien ebenfalls. Bei Bedarf wird im
Reagenzglas gezeugt. „Man arbeitet dran“, meint er. Ist das die Welt, in der wir
leben wollen? Wo bleibt das Hinterfragen des ärztlichen Ethos? Hier der Link zum
Artikel „Der Zugang zu Medizin ist eine finanzielle Frage“: