Jeden Tag in der Früh stürmt Elias, sobald er erwacht ist, in unser Schlafzimmer und sagt „absaigen“. Dabei grinst er schelmisch und voller Erwartung. Er spaziert zum Hilfsmittel-Wagen, zieht sich einen Katheter heraus und fischt sich einen Handschuh aus der Box. Mit beiden Utensilien klettert er auf das Bett, was schon eine gewisse Kunst ist, aber Elias hat das perfektioniert. Er kniet sich im Bett neben mein Gesicht, grinst breit und sagt wieder: „absaigen“. Mit einer Hand schlüpft er in den Handschuh, wie er es von den Assistentinnen gesehen hat. Oft ist es dann aber etwas schwierig den Katheter zu öffnen. So zieht er den Handschuh wieder aus, reißt den Katheter auf, zieht den Schlauch heraus und schlüpft mit einer Hand wieder in den Handschuh. Mit brummenden Geräuschen fährt er mit dem Katheter rund um die Atemkanüle und sucht offene Löcher. Meine Nase wurde schon abgesaugt. Meine Ohren sind schmalzlos und ab und zu steckt er ihn mir in den Mund. Das andere Ende des Katheters steckt er in seinen Mund. Es geht dabei zum Glück nicht darum wer schneller oder besser saugt, sondern wer die meiste Kraft beim Ziehen hat. Wir spielen also gewissermaßen Seilziehen mit dem Katheter in unseren Mündern. Elias zieht mit aller Kraft, bis mir der Katheter aus dem Mund rutscht. Dadurch, dass plötzlich kein Widerstand mehr ist, wirft es ihm im Bett immer zurück. Er lacht schallend. Das ist der Höhepunkt des morgendlichen „absaigens“.