Jetzt vor Weihnachten, heißt es die Geschwindigkeit drosseln, langsam werden und zu sich finden. Dazu ein schöner Text von Melanie Koller, der mit dem Literaturpreis Ohrenschmaus 2017 ausgezeichnet worden ist.

 

Langsam werden

In der Früh stehe ich auf, schaue beim Fenster raus. Ich sehe den

Streuwagen, der die Straßen und Gehwege streut. Ziehe meine

Schuhe und Jacke an.

Denke mir, wenn ich bei der Türe hinaus gehe, dass es glatt ist.

Werde langsam sein, beim Gehen, dass ich nicht ausrutsche.

Ich werde langsam beim Arbeiten, dass meine

Weihnachtsgeschenke schön werden. Ich werde in meiner

Küchengruppe beim Arbeiten langsam werden. Elisabeth sagt, du ich

habe 2 T-Shirtaufträge für dich. Würdest du es machen? Ja, aber

langsam und genau werde ich es machen. Sie sagt, in Ordnung. Du

kannst es langsam machen.

Ich trinke vorher eine Tasse Kaffee mit meinem Kollegen Jürgen, und

sage zu ihm, langsam trinken. Er ist heiß.

Hat nicht lange gedauert, bin ich mit meiner Tasse fertig. Ich gehe

langsam zu meiner Arbeit. Wenn ich zu Hause in meiner Wohnung

bin, muss ich meinen Weihnachtsputz machen. Ich mache es

langsam. Ich habe einen kleinen Christbaum bekommen, den werde

ich langsam schmücken, sonst fallen die Kugeln runter. Ich bin froh,

dass ich nicht mehr so schnell, sondern langsam bin. Ich bin froh,

dass ich gelernt habe langsam zu arbeiten. Meine Kollegin Denise hat

mich für mein langsames Arbeiten, als Weihnachtsgeschenk auf

eine Tasse heisse Vanille-Schokolade eingeladen. Ich sage danke.

Heute sind wir gute Freundinnen geworden.

 

 

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