In der „Zeit“ war ein interessanter Kommentar über Tugenden, die heute mehr denn je eingefordert und überprüft werden, zu lesen. Nichts spricht gegen Tugenden, aber durch das Internet werden rasch Gerüchte verbreitet, die gar nicht stimmen. Dadurch, dass so gut wie jeder auf seinem Handy eine Kamera hat wird jeder Mensch, der ein wenig in der Öffentlichkeit steht beleuchtet und durchleuchtet. Es gibt nichts mehr privates, beispielsweise wurde vor Kurzem die Bundeskanzlerin Merkel beim Einkaufen im Supermarkt fotographiert. Auf den Fotos war alles zu sehen, was sich in ihrer Einkaufstasche befand, etwa 1 gefrorene Forelle. Muss man das wissen?
Ein System, dass jede Bewegung dokumentiert, war früher fiktionale Erschreckensutopie. George Orwell lässt grüßen. Es ist die Frage, ob wir nicht statt in einer neuen Form der Demokratie in einer neuen Form der Mediendiktatur leben. Niemand ist perfekt und niemand ist so glatt und tugendhaft, wie es von allen gefordert wird. Schon gar nicht Persönlichkeiten, diese zeichnen sich ja durch Ecken und Kanten aus. Es ist die Frage, wen man in der Politik haben möchte. Jeden falls sollte man darüber diskutieren.