Ich werde oft gefragt, ob ich aufgrund meiner Behinderung nicht Dinge vermisse. Oft sage ich kurz und knapp, „Nein, natürlich nicht“. Aber ein bisschen ist es auch ein Betrug. Denn natürlich vermisst man Dinge, vor allem jene, die man früher machen konnte. Also beispielsweise im Internet surfen, selbst die Texte schreiben, mit dem Handy selbstständig jemanden anzurufen, Fernsehen und Kino so richtig scharf und detailreich – überhaupt jetzt im HD-Zeitalter, wovon ich nur lese, in der Küche zu stehen und ein Schnitzel zu braten – dass dann anbrennt oder einfach einmal allein zu sein. Es ist zwar toll mit persönlicher Assistenz zu leben und immer jemand an seiner Seite zu haben, aber ab und zu wäre ich auch gerne mit mir und meinen Gedanken alleine. Speziell durch die Beatmung muss immer jemand da sein. Oft sind es scheinbare Kleinigkeiten, die ich mir wünschen würde. Beispielsweise wenn eine Wimper auf meiner Wange kitzelt und ich mich nicht selbst kratzen kann. Einfach kratzen können oder etwas wegwischen können, wäre ein Hit. Wenn etwas juckt, und nicht entfernt wird, wandelt sich das Jucken in Beißen und dann in ein Stechen um. Wenn der Nervenkitzel am Größten ist, hört der Schmerz ganz plötzlich auf. Aber so viel Geduld hab ich fast nie! 🙂 Was mir am Meisten abgeht, ist Menschen in die Augen zu schauen. In Augen spiegeln sich die Gefühle, die Warheit, letztendlich das ganze Leben wider. Durch meine Sehbehinderung kann ich nur erahnen, wo die Augen sind und schaue dort hin, ohne aber wirklich in die Augen schauen zu können. So können sich Blicke zwischen mir und anderen Menschen nicht mehr begegnen. Und was ich am Meisten vermisse, ist die Möglichkeit, Menschen zu umarmen. Meine Frau, meine Kinder oder einen Menschen, der mir eine schwierige Lebensgeschichte erzählt hat oder dem es schlecht geht. Umarmen vermisse ich wirklich.
Mai 14, 2012
Umarmung
Franz Huainigg
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