Der neue Bundespräsident ist noch nicht angelobt und somit wird es am 1.1.2017 keine Neujahrsansprache geben. Ernst Spiessberger von Zitronenwasser sowie OKTO.TV und ich haben sich dazu entschlossen, diese Lücke zu schließen und am 1.1.2017 eine „Neujahrsansprache der anderen Art“ zu präsentieren. Die Sendung wird am Sonntag, 1.1.2017, ab 13 Uhr und dann zu jeder vollen Stunde auf OKTO.TV ausgestrahlt. Ab heute um 12 Uhr steht sie via YouTube unter www.Zitronenwasser.com zur Verfügung. Nachstehend der Text dieser Ansprache zum Nachlesen:

Mut aktiv zu werden

Guten Abend, liebe Damen und Herren!
Servus Österreich!

Da es noch keinen offiziellen Bundespräsidenten gibt, ergreife ich hiermit die Möglichkeit meine Worte an Sie zu richten. Reden zu können, eine Stimme zu haben ist keine Selbstverständlichkeit. Bei mir verschiebt sich ab und zu meine Atemkanüle und ich bringe kein Wort mehr heraus. Sind wir dankbar für unsere Stimme. Nutzen wir 2017 unsere Stimme dort zu erheben, wo es wichtig ist und dort zu schweigen und zuzuhören wo es notwendig ist. Aber bitte hören sie nicht nur jenen zu, die laut sind, denn die Stimme der Vernunft ist oftmals leise.

In der Bundeshymne heißt es „Heimat großer Töchter, Söhne“. Damit bin ich wohl nicht gemeint, ich bin nämlich nicht der Größte. Ich schaue immer hinauf zu anderen Menschen. Viele Bürger/innen fühlen sich auch sehr klein und unbedeutend. Sie fühlen sich von der Politik und vom System unverstanden. Aber jeder einzelne kann etwas in Bewegung setzten. Ergreifen auch Sie im Jahr 2017 Ihre Möglichkeiten, die Politik dieses Landes mitzugestalten! Setzen Sie sich für andere Menschen ein, nützen Sie Ihr Wahlrecht, machen Sie mit bei Bürgerinitiativen und Petitionen und diskutieren Sie in den Sozialen Medien auf einer sachlichen und respektvollen Ebene. Engagieren Sie sich für die Demokratie!

Jeder hat seinen Platz

Viele Menschen erzählen mir, dass ihnen die Perspektive im Leben abhanden gekommen ist. Sie fragen sich: Wo ist mein Platz in dieser Welt?
Vor 10 Jahren konnte ich nicht mehr atmen. Die ärztlichen Prognosen waren sehr düster. Aber heute sitze ich hier und rede zu ihnen. Jeder hat Probleme und Schwierigkeiten, resignieren ist der falsche Weg. Es geht darum, die Herausforderungen des Lebens anzunehmen.
Ich lebe heute mit einem Beatmungsgerät, bin mit meinem Elektrorollstuhl unterwegs, habe eine Familie und arbeite im Parlament. Das wäre vor 20 Jahren ohne die neuen Technologien nicht möglich gewesen. Wir dürfen keine Angst vor der Digitalisierung und dem möglichen Verlust von Arbeitsplätzen haben. Die Zeit kann man nicht zurückdrehen. Wir müssen die neuen Herausforderungen annehmen.
Resignieren wir nicht in privaten sowie im gesellschaftlichen Bereich! Ergreifen wir im Jahr 2017 aktiv die Möglichkeiten, die Zukunft besser, gerechter und friedvoller zu gestalten.

Solidarität und Menschenwürde!

Egal wo ich hinrolle, überall treffe ich Menschen welche mir erzählen, wie schlecht es ihnen geht. Sie messen dies daran, wie viel vermeintlich besser es den anderen geht. So sagen Sie beispielsweise, dass Sie mehr in das Sozialsystem einzahlen als sie rausbekommen. Aber meine Damen und Herren, das ist doch ein positives Zeichen. Es bedeutet, dass sie gesund sind, eine Beschäftigung haben und nicht auf Hilfe angewiesen sind. Es ist die Solidarität, die unseren Wohlfahrtsstaat groß gemacht hat und allen eine Chancengleichheit bietet. Wir alle leisten einen Beitrag, damit die, die Hilfe brauchen, diese auch bekommen.

Viele von uns reisen gerne in ferne Länder. Aber es ist erstaunlich, wie groß die Abwehr von Fremden ist, wenn die Menschen zu uns kommen, um hier Schutz vor Krieg und Verfolgung zu finden. Meine Erfahrung ist, dass Vielfalt eine große Bereicherung ist. Aber wer zu uns kommt, muss unsere gesellschaftlichen Werte akzeptieren. Was sind jetzt aber unsere gesellschaftlichen Werte? Das höchste Gut unseres Landes ist die Menschenwürde, die jedem Menschen inne wohnt, egal welcher Religion, Hautfarbe, Alter, Herkunft, Geschlecht und Behinderung. Sie ist die Grundlage der Menschenrechte. Umso verwunderlicher ist es doch, dass alle von der Menschenwürde reden, sie aber gar nicht in unserer Verfassung steht. Wenn ich Bundespräsident wäre, dann würde ich mit Ihnen, liebe Zuseher und Zuseherinnen das Gespräch zum Thema Menschenwürde suchen. Am Ende unseres Dialoges teilen Sie vielleicht auch die Auffassung, dass die Menschenwürde in die Verfassung gehört und damit zum obersten Prinzip unseres Handelns wird.

Ich wünsche Ihnen ein gutes, erfreuliches und barrierefreies neues Jahr.