Festrede von mir zum 60-jährigen Jubiläum des Katholischen Familienverbandes am 20.4.2013 bei einem Festakt in Wien.

Hier sehen sie das Video: Teil 1: Was ist Familie?

Die Tageszeitung „Der Standard“ hat vor kurzem eine aus seiner Sicht idealtypische Familie dargestellt: Er hat einen Sohn aus früherer Verbindung, sie eine Tochter. Heute sind die beiden auch noch Eltern von zwei kleinen Mädchen. Seine Ex hat einen neuen Partner, aber kein weiteres Kind. Ihr Ex, mit dem sie eine Tochter hat, ist wiederum mit einer Frau zusammen, die schon einen fast erwachsenen Sohn hat. Kurz gesagt: eine Patchwork-Großfamilie. Ein Fleckerlteppich des Miteinanders.

Heute wird beinahe jede zweite Ehe geschieden. 92.000 Kinder leben in Patchwork-Familien. Tendenz weiter steigend. Viele leben bei einem Elternteil, meist die alleinerziehende Mutter, und haben mit dem Vater eine Wochenendbeziehung. Die Familie ist bei weitem kein Auslaufmodell, ihre Erscheinungsformen sind nur vielfältiger geworden.

Auch wenn es heute viele neue Familienformen gibt, darf die klassische Familie Vater-Mutter-Kind nicht als altmodisch und überholt hingestellt werden, wie es beispielsweise in einer neuen Aufklärungsbroschüre „Ganz schön intim“ des BMUKK gemacht wird. Diese traditionelle Familie ist nicht out und sollte als Ideal angestrebt werden. Im Sinne der Kinder. Denn jede Trennung der Eltern bedeutet eine schwerwiegende Lebensveränderung und ist für sie eine große psychische Belastung.

Familie ist vor allem dort, wo man füreinander Verantwortung übernimmt: Eltern sorgen für ihre Kinder, Kinder für ihre Eltern und Paare füreinander. Gerade in einer Gesellschaft, die von steigender Lebenserwartung gekennzeichnet ist, wird diese generationenübergreifende Verantwortung immer wichtiger.

Die Familienpolitik hinkt bei all dem hinterher. Die niedrige Geburtenrate von 1,4 Kindern pro Frau beweist das. Familien brauchen flächendeckende Kinderbetreuung, die Familienförderung muss endlich valorisiert werden. Laut einer Studie der Arbeiterkammer sind Mehrkindfamilien besonders armutsgefährdet. Ich verstehe daher Bundesministerin Heinisch-Hosek nicht, wenn sie die Geschwister- und Mehrkindstaffel einfach so streichen möchte. Weiters braucht es eine familienfreundlichere Arbeitswelt, die Teilzeitarbeit nicht verteufelt. Eltern sollen die Möglichkeit haben, teilzeitbeschäftigt im Berufsleben zu stehen, um auch noch genügend Zeit für die Kinder zu haben. Und nicht zuletzt braucht es eine Stärkung der Vereinbarkeit von Familienleben und Pflege eines Familienmitgliedes, was Familien oftmals vor eine große Herausforderung stellt. Denn wenn wir uns selbst fragen, ob wir Zuhause oder in einem Pflegeheim alt werden möchten, ist klar: so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden. 80% aller pflegebedürftigen Menschen leben Zuhause und werden von ihren Angehörigen betreut.