Jeden Abend gegen 19:30 flimmern dieselben Nachrichten über den Fernsehschirm: Wiesen, Wälder, Sonne, Spielplatz. Idylle pur. Plötzlich mit getragener Nachrichtenstimme die Horrormeldungen. Mitten in der Idylle sticht der Täter zu … Die 64-jährige Pensionistin, die 23- jährige Grazerin sind Opfer, von denen der Täter erst nach Stunden abließ. Die schrecklichste Szene spielt sich rund um ein 5-jähriges Mädchen ab: Vor den Augen der Mutter wurde das Mädchen angefallen. Der Täter dürfte schon lange gelauert haben. Mit solchen Horrorgeschichten treibt die Pharmaindustrie die müden Fernsehzuseher von der wohnzimmerlichen Couch in die Arztpraxen zur Zeckenschutzimpfung. Über die Sinnhaftigkeit dieser Impfung kann gestritten werden, über die Art und Weise der medialen Aufarbeitung wohl nicht. Panik verbreitende Horrorszenen und das Schüren von Urängsten von Eltern um ihre Kinder sind inakzeptabel. Informationen scheinen notwendig, doch davor fürchtet man sich offensichtlich.   Unter Experten ist die FSME-Impfung durchwegs umstritten. Die Wahrscheinlichkeit durch einen Zeckenbiss an FSME zu erkranken, liegt bei 1:80.000, jene, an Borreliose (gegen die der Impfstoff nicht wirkt!), ist mit 1:750-1000 weitaus größer. Besonders umstritten ist die Impfung bei Kindern, sie haben ein deutlich niedrigeres Erkrankungsrisiko und der Krankheitsverlauf ist eher gutartig und hinterlässt keine Schäden. In Deutschland wurde der FSME-Impfstoff für Kinder unter 12 Jahren vom Markt genommen. Bislang gibt es in der deutschen Literatur nur den Fall der FSME-Erkrankung mit Folgeschäden eines 12-jährigen Buben. Die mediale Darstellung eines 5-jährigen Kindes als Opfer ist daher mehr als zynisch und sollte vom Bildschirm verbannt werden. Experten beurteilen ein Durchimpfen der Bevölkerung mit diesem Impfstoff als nicht angebracht. Eine Reduzierung auf Zeckengebiete, wie es in Deutschland und der Schweiz erfolgt, würde ausreic hen. Um die Kritiker ist es hierzulande allerdings sehr still geworden. Als österreichische Ärzte die Notwendigkeit einer Auffrischungsimpfung alle drei Jahre anzweifelten und der Pharmaindustrie unterstellten, sie wolle dadurch ihren Profit erhöhen, wurden sie für etwaige FSME-Erkrankungen mit haftungsrechtlichen Konsequenzen bedroht. Ein einmaliges Drohverfahren in der Impfgeschichte? Nicht unbedingt: Gegen einen steirischen Arzt, der aus innerer und fachlicher Überzeugung Impfungen generell ablehnt, führt die Ärztekammer seit zwei Jahren einen Prozess wegen Rufschädigung des Ansehens der Ärzteschaft.   Bei meinen zahlreichen Lesungen und Diskussionen in Schulklassen fragten mich die Kinder, warum ich denn im Rollstuhl sitze. „Seit einer Impfung im Babyalter“, berichtete ich dann wahrheitsgemäß, getreu den Erzählungen meiner Mutter. „Ich bekam die Dreifachimpfung Keuchhusten-Diphterie -Tetanus, nach der ersten Impfung bekam ich hohes Fieber. Nach der Zweiten kam das Fieber wieder, ich wurde ganz schwach und meine Beine hörten auf zu strampeln. Die dritte Impfung bekam ich nicht mehr.“ Bei einem dieser Berichte in einer Schulklasse wurden die Kinder ganz blass. „Was ist los?“, fragte ich. Ein Mädchen zeigte auf und wisperte: „Wir haben nächste Stunde Schulimpfung.“ „Kein Problem“, sagte ich, „willkommen im Klub, auch im Rollstuhl kann man gut leben.“   Dass Impfungen nicht die vielgepriesene Vollkaskoversicherung gegen jegliches Leid und Krankheit ist, wird von vielen Kinderärzten noch immer bestritten. Melden Eltern Zweifel an, ihre Babys zu impfen, wird dies als Vertrauensverlust gewertet. Impfopfer, so wird argumentiert, gebe es ohnehin keine. Tatsächlich belaufen sich die vom Staat anerkannten Impfschäden auf unter 100. Dies allerdings durch die bislang geforderte Beweispflicht des kausalen Zusammenhanges. Auch mein Impfschaden wurde von Gutachtern einst nur als „wahrscheinlich“ eingestuft und ist damit nicht anerkannt worden. Mit einer Novelle des Impfschadengesetzes, die Anfang Mai im Parlament beschlossen wird, werden erstmals auch „wahrscheinliche“ Impfschäden als solche anerkannt. Ein wichtiger Schritt für eine Gesellschaft, die das Durchimpfen fordert, sich auch zu den Opfern zu bekennen. Den nächsten Schritt müssen Ärzte und die Pharmaindustrie durch Informationen, Aufklärung und Wahlfreiheit setzen.