Trotzdem gab es ein neuerliches Treffen. Wir fuhren in den Wienerwald und aßen gemeinsam. Dann folgte ein längeres Gespräch, das zuerst im Gasthaus begann und schließlich im Auto endete – mit einer inniglichen Umarmung und dem ersten Kuss. Ich verstand die Welt nicht mehr. Wollte sie jetzt doch? Wieder Zuhause angekommen, wussten wir nicht so recht, wie es weitergehen sollte. Zu ihrer Wohnung führten Stufen, die ich nicht überwinden konnte. Judit hatte aber eine Idee: Wir tranken im Auto ein Glas Martini. 

In der darauffolgenden Zeit trafen wir uns so gut wie täglich. Wir erzählten und viel von unserem Leben. Vor allem für Judit war es wichtig, meine Vergangenheit zu kennen. So begann sie, mich und meine Gedanken zu verstehen. Judit stellte mir viel Fragen. Über die Impfung, aufgrund der meine Beine gelähmt sind. Ich erzählte ihr von der Kindheit, meinen besorgten Eltern, der Integrationsklasse, dem Studium. Erklärte ihr, wie ich mit der Behinderung lebte. Das alles war für die weitere Beziehung sehr wichtig.

Vieles war Judit so fremd: Meine Stützapparate, der Rollstuhl – auch mein Aussehen. Die sagte mir, dass die oft erschreckt, wenn sie mich sieht, weil ich so stark behindert bin. Trauer ihrerseits. Etwas, das mir sehr weh tat, aber notwendig ist. Zumal auch ich einen längeren Prozess durchgemacht hatte, mich mit meiner Lebenssituation auseinanderzusetzen. Judit tat sich schwer, über meinen Buckel zu streicheln. Nicht nur war ich geistig ein Individualist. Auch mein Körper war es. Aber letztlich hat sie sich für einen entschieden, der in jeder Beziehung aus der Norm fällt.

Sehnsucht

Zärtlich in Deinen Armen liegen,

Deinen Atem spüren,

Dein herz klopfen hören;

Momente,

die man herbeisehnte

doch nie für erreichbar hielt.

Und irgendwo singt Don Giovanni.